Q&A - Fragen und Antworten
Ich spreche offen über mich, wenn bei meinem Gegenüber ernsthaftes Interesse besteht.
Seit meinem Outing habe ich verhältnismäßig selten Gespräche bezüglich meiner Transidentität und oft das Gefühl, dass es einfach keine Rolle spielt.
Es gibt ein paar Fragen, die sich dann doch wiederholen und diese möchte ich hier zusammenfassend beantworten.
Wann hast du bemerkt, dass du eine Frau bist?
Kurze Antwort:
Mit ca. 15Jahren wusste ich es.
Etwas Ausführlicher:
Erst im Erwachsenenalter konnte ich die Gefühle meiner Kindheit und Jugendzeit besser verstehen. Ich habe es früh gespürt, allerdings keinen Ausdruck dafür gefunden. Eine der präsentesten Erinnerungen ist die an meine Erstkommunion. Die Mädels durften so schöne weiße Kleidchen tragen und ich so einen hässlichen Anzug mit hässlichen Schuhen. Bewusst habe ich mir mit ca. 12 Jahren gewünscht, lieber ein Mädchen zu sein. Im Alter von 15 Jahren hatte ich Zugang zum Internet und wusste, dass es "Transsexualität" ist.
Wie bist hast du deinen Vornamen gewählt?
Elena: Der Name bedeutet "die Leuchtende" und "die Strahlende".
Meine Vornamen haben sich über die Zeit entwickelt und erst mit dem neuen Personalausweis habe ich angefangen Elena zu verwenden.
Die Geschichte dazu:
Es war an einem 18. Februar. Ein sonniger Sonntagnachmittag, an dem ich ein spaziergang gemacht und darüber nachgedacht habe, welchen Namen ich für mich wählen will. Nebenbei habe ich Musik gehört und es lief der Titel "Come on Eileen", der mich in diesem Moment voll berührt hat und ich habe die Bedeutung des Namens nachgelesen. Mir hat nicht gefallen, dass "eilen" darin enthalten ist und über die Wortbedeutung bin ich auf Helene gekommen. Passend zu meinen osteuropäischen Wurzeln bin ich dann auf den Namen Елена entschieden.
Elena, "die Strahlende" - > das bin ich.
Meine liebe Freund:innen haben mich darin bestärkt mich so zu nennen. Danke.
Wurdest du im falschen Körper geboren?
Bei den Berichten über Transgender wird häufig darüber geschrieben, dass diese im falschen Körper geboren wurden. Manche mögen das so für sich definieren.
Ich für mich liebe meinen Körper mittlerweile und bin sehr dankbar, dass ich diesen habe. Was der bisher alles geleistet hat und noch immer leisten kann, ist wundervoll. Deshalb bin ich im richtigen Körper und ich wäre nicht ich, wenn das anders wäre. Zudem bin ich sehr froh, dass er mit den Eingriffen und Veränderungen zurecht kommt.
Warum hast du dich nicht schon früher geoutet?
"Aller guten Dinge sind drei." Ich wollte es lange nicht wahrhaben, Transgender zu sein und war der Meinung, dass ich es schaffe, als "Mann zu leben". Verschiedene Gründe und Gegebenheiten haben dazu geführt, dass ich drei Anläufe dazu gebraucht habe. Ich habe lange vieles versucht, um eine Männlichkeit zu erleben, die ich nie in mir gespürt habe. Ich habe so lange daran fest gehalten, wie ich konnte. Letztlich haben verschieden Begebenheiten dazu geführt, mich mit meinen Gefühlen ernst zu nehmen und dazu zu stehen.
Stehst du jetzt auf Männer oder auf Frauen?
Die Transidentität hat nichts an meiner sexuellen Orientierung geändert. Die Frage finde ich denoch gerechtfertigt, weil es bei manchen Transgendern dabei tatsächlich eine Verschiebung gibt.
Ich gebe allerdings zu, dass sich verändert hat, was ich attraktiv finde: es ist heterogener geworden. Das bedeutet, dass mein Empfinden von Attraktivität vielschichtiger geworden ist.
Wie war das Outing bei Freunden und Bekannten?
Es war eine sehr aufregende Zeit für mich, da ich selbst noch nicht wusste, was auf mich zukommen wird. Meine Outings im Freundes- und Bekanntenkreis begannen im Februar 2020. Im März kam es dann zum LockDown und so habe ich nicht mehr alle persönlich treffen können. Glücklicherweise habe ich sehr viele tolle und wundervolle Menschen um mich herum, die mich so annehmen wie ich bin.
In der Zeit von 2020-2022 haben sich Beziehungen für viele Menschen verändert, so auch bei mir.
Das Leben ist wie eine Zugfahrt, es steigen immer wieder Menschen ein und auch wieder aus. Ich bin dankbar für jeden, der mich ein Stück auf meiner Reise begleitet.
Wie ist das für deine Eltern und Geschwister?
Ich bin froh und dankbar, dass sich durch mein Outing als Transfrau unsere familiären Beziehungen wenig verändert haben. Für meine Eltern bin ich das Kind und für meine Geschwister bin ich nun die Schwester.
Was hältst du vom "Gendern"?
Interessanterweise kommt die Frage gelegentlich und ich finde sie gut.
"Das Gendern" hat für mich zwei Aspekte: erstens schließt es einfach jeden Menschen mit seiner individuellen Geschlechtsidentität mit ein.
Zweitens nutze ich es gerne, weil ich es in einer Nachricht praktisch finde, mit einem Wort zum Ausdruck zu bringen, dass ich z.B. mit Kolleg:innen beim Mittagessen war. Das beschreibt einfach, dass es eine gemischte Gruppe war. Wenn ich hingegen schreibe, dass ich mit Freundinnen was trinken war, kann man sich denken, das wir Mädels unterwegs waren. Prost ;)
Daher empfinde ich es als positiv, wenn es genutzt wird und auch Medien sich dazu bekennen.
Ich plädiere allerdings für die Freiheit eines jeden, es für sich übernehmen zu dürfen oder auch nicht.
Bist du divers?
Nein. Ich bin weiblich.
Divers, ist ein Geschlechtseintrag für Menschen in die Geburtsurkunde, bei denen mit der Geburt nicht eindeutig ein männliches oder weibliches Geschlecht festgestellt werden kann. Auch binäre oder nicht binäre Personen können diese Option eintragen lassen. Mehr dazu unter "Begrifflichkeiten".
Bleibt deine Stimme männlich?
Ja, wenn ich kein Stimmtraining mache. Meine Stimme ist, wie sie ist und es darf bekannt sein, dass ich Transgender bin.
Durch eine Hormonersatztherapie gleicht sich einiges dem jeweiligen biologischen Geschlecht an. Der Körperbau und die Knochen verändern sich bei einem ausgewachsenen Menschen kaum noch. Bei mir ist meine Stimme somit anatomisch bedingt. Über ein logopädisches Stimmtraining lässt sich eine weiblich klingende Stimme erreichen.
Bist du schon operiert?
"Bist du jetzt schon komplett Frau?" So oder so ähnlich werde ich glücklicherweise selten gefragt. In der Regel ist mit solchen Fragen die geschlechtsangleichende Operation der Genitalien gemeint.
In meinem Alltag, in der Öffentlichkeit, spielt das faktisch keine Rolle, weil ich üblicherweise bekleidet bin und ich durch meinen intimen Bereich nicht mehr oder weniger als Frau wahrgenommen werde.
Daher ist die Antwort auf die gestellte Frage nur wenigen Vertrauten vorbehalten.
Was denkst du über Transgender im Sport?
"Sport sollte immer fair und inklusiv sein."
Transgender sind besonders mit der letzten Olympiade 2024 in den Fokus gerückt und die Berichterstattungen dazu waren teils unschön.
Solange Transgender bei der Siegerehrung nicht auf dem Treppchen stehen, scheint es für die meisten ok zu sein, wenn sie mit dem gewählten Geschlecht den Wettkampf starten.
Ich selbst nehme gerne an Sportveranstalltungen teil und meine Erfahrung ist: "Für das Messen mit Männer bin ich zu schwach und bei den Frauen bin ich noch zu stark." Mit den Buben kann ich einfach nicht mehr mithalten und gegenüber den CIS-Frauen habe ich teils noch Vorteile. Bei den Disziplinen, in denen ich starte gibt, es trotzdem einige schnellere Frauen, weswegen ich mich mit ihnen messe. Durch die Hormonersatztherapie hat sich meine Leistungsfähigkeit dem biologisch weiblichen Geschlecht stark angeglichen.
In einer dritten Kategorie für "Divers" würde ich nicht starten wollen, weil körperlich männlich Divers oder weiblich Divers auch nicht vergleichbar sind.
Ich begrüße daher die Regelung vom Triathlon Verband, der festgelegt hat, dass Transgender bei den Frauen starten dürfen, wenn die Testosteronwerte seit mindestens drei Jahren der einer Frau entsprechen. Sollte es Änderungsbedarf geben, würden sie bei der Regel nachjustieren.
Abschließend möchte ich sagen, dass mir persönlich die Herausfordung, der Spaß dabei und vor allem das gesellige Beisammensein wichtig sind und Freude machen.
Erlebst du Diskriminierung?
Gott sei dank erlebe ich das sehr selten und die wirklich unangenehmen Situationen kann ich an einer Hand abzählen. Es sind die Mikroaggressionen die ich leider häufig erfahre. Darunter fällt hauptsächlich das Misgendern, was bedeutet, dass ich mit falschen Pronomen (er) angesprochen werde. Ich spüre meist, ob es bewusst, unbewusst oder absichtlich geschieht.
Hast du die Transition schon mal bereut?
Bereut habe ich es bisher nicht. Es gab zwei oder drei Momente, in denen ich kurz gedacht habe: "Als Mann hätte ich bestimmt bessere Chancen gehabt."
Glücklicherweise gibt es Menschen, die mich so mögen, wie ich bin und diese Menschen mag ich sehr.
Was war seit dem einer der schönsten Momente?
Diese Frage hat mir neulich eine liebe Freundin gestellt. Danke.
Als erstes ist mir dazu die Hochzeit von einem meiner besten Freunde eingefallen. Dieser Tag im Juli 2021 war für mich mein "came alive". Ich habe es so sehr genossen, endlich als "ich" mit Kleidchen und High Heels dabei zu sein. Seit diesem Tag fühle ich mich "als Frau" angekommen.
Es war ein tolles Fest.
Auf der nächsten Seite gehe ich auf ein paar allgemeine Dinge ein.